Sonntag, 14. Dezember 2014

Warum schickst Du mich in die Hölle?*

* Dank an Martin W. für die Steilvorlage!

Wie konnte Wolfgang Petry nur schon in den frühen 80ern ahnen, dass es dereinst den Lauf zum Lied geben würde?

Die gewohnte Beschreibung der Anfahrt erübrigt sich diesmal wohl, es geht ja schon zum 2. Mal in diesem Jahr nach Fröttstädt. Obwohl, wenn man genauer drüber nachdenkt … Damals, Anfang Juli, waren es 32°C, diesmal sind es 2°, damals war es hell und freundlich und der Thüringer Wald mit dem Inselsberg grüßte herüber, diesmal erkennt man nur am strahlenden McDonalds-Werbeturm, dass man die Abfahrt Waltershausen erreicht hat und ist froh, unterwegs nicht vom Sturm von den Brücken geblasen worden zu sein. Und für die Pinkelpausen auf der gut einstündigen Fahrt sorgt diesmal nicht Sanna (ist ja auch nicht dabei), sondern ich selbst. Muss irgendwie an der Beifahrer-Rolle liegen, denn mein Chauffeur ist Jan.

Auf dem Island-Pferdehof (die Ponys kommen aus Shetland!) der Familie Rothe, deren selbstloses Wirken im Dienste des Ultra-Laufsports natürlich auch mit meinem Sommer-Besuch zusammenhing, beziehen wir ein rustikales Zimmer mit Fachwerk-Lehm-Wandheizung im vollsanierten ehemaligen Vierseithof aus dem 17. Jahrhundert. Der Andrang zum Jägerstein-Ultra ist so groß, dass die Rothes sogar ihre Privatgemächer zur Verfügung stellen und alle verfügbaren Unterkünfte in der näheren Nachbarschaft belegt werden. Zum Abendessen geht es aufgrund der Teilnehmerzahl (offiziell: 39) dann auch in das wohlbekannte Dorfgemeinschaftshaus um die Ecke. Neben der kniffligen Frage, welche der 3 Nudel-Soßen denn nun die vegetarische sei, treibt uns natürlich vor allem die Wetterprognose um: Wird der Sturm wirklich aufhören? Wird es wirklich den ganzen Tag durchregnen oder haben wir Aussicht auf Schneefall wenigstens in den höheren Lagen? Diese Fragen werden souverän beleuchtet, genauso wie knifflige Punkte der Strecke anhand von projizierten Fotos. Ich muss sagen: dieses briefing hat wirklich seinen Namen verdient! Es war brief, nämlich kurz und bündig, und umfasste dennoch alle erforderlichen, wichtigen Infos. Einige Streckenpunkte erkannte ich dann tatsächlich in natura wieder und wusste so trotz gerade mal wieder streikendem Garmin, dass es doch noch etwas höher an diesem infernalischen Skihang gehen musste, bevor wir uns abschließend der Hölle zuwenden durften (die Veranstalter legen Wert auf die Feststellung, dass dies eine tradierte Bezeichnung für einen gewissen Streckenabschnitt sei und nichts weiter mit dem Lauf zu tun habe).

Wir sind ganz vernünftig und liegen vor 22 Uhr in der Falle. Start ist in 2 Gruppen um 6 und 7 Uhr. Es gilt, ca. 70km mit gut 2.300 Höhenmetern im Anstieg ohne Markierung, also nach GPS-Track-Navigation, zu bewältigen. Fröttstädt liegt genau auf 300m, das Ziel ist der Jägerstein auf dem Gipfel des Schneekopfes (978m). Übernachtet wird dann in der Schmücke, einem vom Rennsteiglauf her bekannten Gasthof knapp 2km entfernt. Wer sich diese Daten und den Termin anschaut, stellt schnell fest, dass sich der Jägerstein-Ultra nahezu perfekt als Trainingslauf für die Brocken-Challenge eignet und deren Anforderungen teilweise noch übertrifft. So denken wohl auch Andere und so kommt es, dass sich hier letztlich 10% der TeilnehmerInnen der BC2015 ein Stelldichein geben und damit gut 40% des Feldes ausmachen. (Anmerkung: Dieser Begriff „Trainingslauf“ könnte für den einen oder anderen einen abfälligen Beiklang haben, nach dem Motto „eigentlich interessiert der mich gar nicht wirklich, es geht mir um etwas anderes.“ Nein, so ist das nicht gemeint. Ich laufe den Jägerstein primär, um den Jägerstein zu laufen! Gleichwohl wird hoffentlich ein Trainingseffekt unausweichlich bleiben!).

Die 6-Uhr-Gruppe am Start, Foto: Martin Woitynek



Ich wache um 3:35h auf, gucke um 4:28h wieder auf die Uhr und komme dem Wecker, der um 4:30h gebimmelt hätte, zuvor. Keine Gnade: Licht an! „Das war’s, Leute!“ Weitgehend haben wir unsere Laufrucksäcke, die drop bags, die Zieltasche und was direkt wieder ins Auto kann natürlich schon am Vorabend gepackt. Was für ein Aufriss jedes Mal! Fenster auf. Draußen ist es wie vorhergesagt tatsächlich fast windstill. Es regnet leicht vor sich hin. Also keine Notwendigkeit, die Planungen von gestern umzuwerfen. Es ist schon irre: 6 Jahre bin ich beim Laufen prima ohne eine echte Regenjacke klar gekommen, dieses Jahr nimmt sie eine zentrale Rolle ein, ich erinnere nur an APUT oder Karwendelmarsch und unzählige nasse Trainings. Auch heute das wichtigste Kleidungsstück (neben den Schuhen und der Lampe) – und dem Garmin! Ja, ohne (funktionierendes) GPS ist man heute definitiv verloren – und auch das Laufen in der Gruppe ist keine totale Absicherung, denn immer wieder setzen die Geräte, egal welches Fabrikat, phasenweise aus bzw. „verlieren“ den track (was auch immer dahinter stecken mag, man sieht dann nur noch seine Position, aber nicht mehr, wohin es gehen soll. Scheiß-Gefühl, stünde man dann allein im Regen im finsteren Wald).

Vor diesem Hintergrund ist die Performance des späteren Schnellsten, mit dem ich immerhin die Initialien teile und der sich schon nach 100m vom Feld absetzt und sich mutterseelenallein auf die Reise macht, umso beeindruckender. Wir (als uhrzeitlich erste Verfolgergruppe) hatten über lange Strecken im Schnee seine furchterregenden Spuren (Schuhgröße 50, Schrittlänge 3,24m) als Orientierung vor uns und akzeptierten sie ggf. einfach als „Ersatz-Track“ (das fiel uns immer erst dann richtig auf, wenn der Schnee mal wieder fehlte und wir selbst navigieren mussten). Spannend wäre zu wissen, wie oft man an so einem Tag auf das GPS glotzt. Vielleicht 1000 Mal? Nicht gänzlich unwahrscheinlich, das wären noch nicht einmal 2mal pro Minute. Informationen, die sonst im Vordergrund stehen (pace [hahaha], gelaufene Kilometer etc.), treten komplett in den Hintergrund und werden erst wieder auf den letzten paar Kilometern interessant ("Sind wir bald da?" - "Schaffen wir die letzten 6km in unter 1:20h, um unter 10h zu bleiben?" [Antwort: Nicht mal annähernd, vgl. u.]). Aber dann muss man erstmal jemanden finden, der noch bereit ist, seine Uhr entsprechend zu befummeln. Viel zu anstrengend!

Die Strecke gliedert sich grob in 3 Drittel, was einfach daran liegt, dass es 2 VPs gibt. Oh Mann, wie kann man sich nur freiwillig bei dieser Kälte stundenlang da in den Regen stellen? Nicht mal die Hirsche im Gehege am VP1 bei km26 trauen sich raus! Joachim und Gunter tun es trotzdem und grinsen noch dabei. Sensationell! Dass es wirklich ununterbrochen regnet, registriere ich eigentlich nur an den VPs, weil da das Laufgeraschel in der Kapuze aufhört und man das Tröpfeln auf dem Kopf spürt. Speziell am VP2 nach gut 48km, wo es in 700m Höhe im Schneematsch auf dem leeren Parkplatz an der Wegscheide 3km nördlich von Oberhof doch recht schattig ist, frage ich mich, was wohl ein „normaler Mensch“ denken würde, der uns hier sieht. Buchstäblich das vielzitierte Wetter, bei dem man keinen Hund vor die Tür jagt (außer den einen offenbar, der heute eine Teilnehmerin begleitet).

am Tor-Stein, km 32 (courtesy André Hall)
Unsere Gruppe schmilzt von 7 Leuten bis ca. km35 (nach dem markanten Tor-Stein [so etwas wie Arches N.P. im Kleinen]) über 4 Mann bis km50 auf die bekannten 2 nerds zusammen. Denn als mal wieder kein Schnee liegt (vgl. Ausführung über Spuren-Tracking oben) und der noch in Sichtweite liegende Dritte aufgrund einer Verdauungsstörung eines der zwei verbliebenen Vegetarier (vermutete Folgewirkung des vorabendlichen Schweine-Tofus) enteilen kann, verlaufen wir uns prompt erstmal an den ruhigen Gestaden der Lütsche-Talsperre, wo auf einem Camping-Platz eine enorme Zahl von Wohnwagen tapfer gegen das Verschimmeln ankämpft. Der Fehler ist einigermaßen schnell erkannt und behoben, kostet aber wohl ein paar Minuten, die wir bis zum (bitteren) Ende nicht mehr aufholen.

am Silbergraben, km 42-45, Foto: Eckhardt Seher
Es ist einfach immer wieder erstaunlich bis unglaublich, was diese denkwürdige Apparatur, die sich Körper nennt, und insbesondere die Beine daran, so auszuhalten in der Lage ist. Geschlagene 5km geht es nach dem Zwischenhoch bei km40 von 820m zwar stetig bergab durch das Tal des Silbergrabens, aber „Weg“ oder trail darf man das eigentlich nicht nennen. Es ist eine Art Mini-Schneise oder Terrasse oberhalb des Bachlaufs, die ich eigentlich auch ohne Schnee weder rennen noch wandern möchte. Hier ist jeder Schritt ein Tritt ins Ungewisse, der aber wieder und wieder von diesen Fußgelenken angenommen und aufgefangen wird, allerdings unterstützt durch die Laufstöcke an den Armen, die hier Gold wert sind. Ich überlege, wie viele Schritte der modernste Roboter hier wohl hinkriegen würde, ohne zappelnd auf dem Rücken zu landen. Gott sei Dank hat der Sturm gestern wenigstens ein paar Bäume umgelegt, sodass auch der Rumpf regelmäßig beim DrunterDurchkriechen geschmeidig gehalten wird. Begleitet wird dieser Abschnitt von regelmäßigen Flüchen, wenn doch wieder jemand voll in einem unter dem Schnee versteckten Wasserloch gelandet ist und das inzwischen bekannte Spiel von vorn beginnt: Langsames Erwärmen der nassen Lappen um die Füße, langsame Rückkehr des Gefühls in die abgestorbenen Zehen, und dann wieder: platsch! Wir fachsimpeln darüber, ob es etwas wert ist, dass die Füße in "wasserdichten" Socken nur kalt sind und nicht auch nass, und ob man das überhaupt unterscheiden kann oder ob das nicht alles komplett egal ist.

Bergpfad Gehlberg, km 58-63, Foto: Eckhardt Seher
Wieder anders, dafür konstant ansteigend, präsentiert sich die Strecke auf ihren 5km entlang der östlichen Gehratal-Flanke auf dem Panorama-Weg nach Gehlberg, von dem man bei Normalbedingungen bestimmt eine tolle Aussicht hat. Fünf zermürbende Kilometer, auf denen die Füße kaum einmal horizontal aufsetzen können, weil der Pfad ständig zur Talseite hängt. Fünf zermürbende Kilometer, auf denen Jan 10mal erzählt, „gleich geht es runter ins Dorf!“. Die Betonung liegt auf „gleich“ und „runter“. Es dauert letztlich ewig, weil wir (oder besser gesagt: ich) inzwischen nicht mehr durchgehend im Laufschritt bleiben können. Und dann geht es nicht bergab, sondern recht deutlich hinauf durchs Dorf, das bei diesem Wetter in der beginnenden Dämmerung einen an Trostlosigkeit kaum zu überbietenden Eindruck hinterläßt.

Es folgt das Grande Finale. Ich kann mich später in der Gaststube der Schmücke an kaum einen Finisher, mich eingeschlossen, erinnern, der dem uns wie immer gutgelaunt und entspannt empfangenden Gunter nicht ein „Scheiß Skihang!“ entgegenschleudert. Der - nicht ganz unschuldig an dieser „geringfügigen Streckenänderung“ gegenüber 2013 - nimmt‘s mit Fassung und einem noch breiteren Grinsen. Immerhin ist er Profi genug, uns nicht schon am VP2 erzählt zu haben, was uns noch bevorstehen sollte. Vielmehr flößt er uns da mit „für euch noch ca. 3 Std.“ (für die letzten 20km bis zum Stein) ziemliche Zuversicht ein, hier locker unter 10 Stunden finishen zu können. Gebraucht haben wir dann am Ende 3:50h bzw. 10:18h insgesamt!

Und das kommt so:
Irgendwann, nachdem wir uns auf dem mit einem grünen "W" auf weißem Grund (das mich irgendwie an das damalige "Werner"-W erinnert, was mich wiederum daran erinnert, dass wir wohl alle Bekloppte sein könnten) markierten "W"ilderer-Pfad zum letzten Mal verlaufen haben und Jan die Strecke "jetzt aber wirklich" wiedererkennt, hören die Spuren vor uns (es waren jetzt seit Stunden genau 3, und wir rätseln immer noch über die Schuhmarke von Rene, weil wir das Profil nicht kennen) unvermittelt auf. Wo sind die hin? 

Ich ahne Schlimmes (und bin gleichzeitig erleichtert): Geht es hier etwa (endlich) los? Ein verstohlener Blick nach rechts: Eine bedrohliche Schneise, die sich unglaublich steil als Direttissima den Hang hochzieht, um oben im Nebel zu verschwinden. Nasser Schnee über nassem Gras, aus dem knie- oder hüfthohe nasse Sträucher ragen. Kein Weg. So ein Wahnsinn warum schickst du mich in die Hölle, eiskalt lässt du meine Seele erfrier'n ... Drei Spuren. Diesen Hang würde kein normaler Mensch im Sommer (ohne Schnee, ohne zuvor 65km gelaufen zu sein) in Angriff nehmen. Wir sollen da hoch? Es wird der langsamste Kilometer meiner Laufgeschichte: 26:44min (bisher lag dieser Rekord am Sonnenkopf (km 59 des APUT) mit 20:11min [update: Ha, falsch! Beim Ketten-Marathon im Mai 2012 in Würzburg, der 72 andere Doofe und mich nach 6h28min zum amtierenden Guiness-Weltrekordler machte, brauchten wir für km31 20:45min, weil einige bei >30°C temporär wie geröstete Maikäfer auf dem Rücken lagen]). Die Story, dass da irgendwelche Leute ohne Lift mit Skiern auf der Schulter hoch sind, um wieder runter zu fahren, glaube ich nicht (also weder hoch noch runter!). Mit anderen Worten: Ja, es ist steil!

Born to run: "Kämpfe nicht mit dem Weg!" Ich mache lieber gar keinen Schritt, als einmal auszurutschen. Hier auszurutschen, hieße nämlich: abstürzen! - Ich schalte um in den Lhotse-Flanken-Modus (den ich ja GsD als Teilnehmer der Hengstberg-Challenge, die wir Göttinger dieses Jahr in heimischen Gefilden überschwänglich zelebriert haben, hinreichend üben konnte): Stock - Stock - Fuß - Fuß. Egal, wie klein die Schritte sind und wie kurz dieser brutalst mögliche Abschnitt auf dem Garmin erscheint, als wolle er sagen: "Mensch, nun mach mal hinne, einmal rechts rum, einmal links rum, kann doch nicht so schwer sein!" - irgendwann werde ich von oben herunterschauen und ihn besiegt haben! - Das Problem ist nur: Ich kann nicht mehr! Es regnet. Es ist kalt. Ich hab keinen Bock, den Rucksack abzusetzen und mir einen Tee einzugießen, zu kompliziert! Ich hab keinen Bock, einen Riegel aus irgendeiner Tasche zu fingern und ohne Tee sowieso nicht runterzukriegen! Mann, keine 2km vor dem Ziel, das ist doch ein Witz! Jägerstein, wo bist du, sag mir: wo bist du? Andere stehen jetzt auf dem Weihnachtsmarkt und schlürfen Glühwein. Wir Idioten! - Weiter, immer weiter, was sonst? - Am Ende haben wir übrigens 100% Finisher-Quote. Phänomenal! Aber eben auch ohne Alternative (wenn man über Gehlberg hinaus ist und nicht jämmerlich an diesem Hügel verrecken will).

Die "Hölle", der "Normalweg" am Ende dieses Irrsinns, ist wirklich wieder gehbar. Laufen? Davon redet seit Langem kein Mensch mehr (" ... und mein Stolz liegt längst schon auf dem Müll
doch noch weiß ich was ich will")!
Nur noch unter ein paar Bäumen durchkriechen. Alles egal. Schnee und Wasser in den Schuhen? Egal. Ich nehme den schneefreien Bereich, auch wenn da das Schmelzwasser als Bach runterströmt. Komische Fingerabdrücke im Schnee: Als ob sich da jemand ohne Handschuhe mit den Fingern als Steigeisen hochgearbeitet hat... Jan biegt links ab - wir müssen oben sein!!

Es ist fast dunkel. Gut, dass wir um 6 los sind! Vor uns waren nur drei am Stein (aber die 7-Uhr-Gruppe war natürlich teilweise insgesamt schneller, nur mit Mühe konnten wir uns die Meute in der Hölle noch vom Leib halten). Wir haben keine Kraft mehr, ein Foto zu machen (bzw. das Handy rauszukramen). Ich weiß nur eins: jetzt ist Schluss und dass ich um dich kämpfen muss(te)... Kurze Umarmung (oder haben wir uns die auch gespart?). Weg hier, runter ins Warme und Trockene! Runter? 50 Höhenmeter auf 2 km sind es nur, das hatte ich natürlich übersehen! - Und da es fast eben ist, sammelt sich das Schmelzwasser natürlich prima in den Spurrillen des Fahrwegs. Egal - richtig egal - durch da! Nach Hause! Es reicht für heute.

Wie gesagt: Warmer Empfang in der Schmücke. Sofort haben wir unseren Zimmerschlüssel in der Hand, unsere Taschen, die sauber aufgereiht im Nebenraum auf uns warten, gegriffen und die letzten paar Meter ins Nachbargebäude bewältigt. Die zweite Nacht mit Jan im Doppelbett, auch dies ist eine Einheit auf dem Trainingsplan, die es abzuhaken gilt. Genial großes Zimmer (bzw. eher zwei), in denen man die triefenden Klamotten verteilen kann (dieses Glück hatten aber nicht alle ...). Das Beste ist die alte gußeiserne Heizung, die unsere Bude bis zur Rückkehr nach dem Feierabendbier in eine Privat-Sauna verwandelt haben wird. - Ich bin erster mit Duschen und bereits unter der molligen Decke weggenickt, als Jan fertig ist. In einem letzten Akt totaler Selbstüberwindung raffen wir uns nach 10 min wieder auf und wanken rüber zum Essen. Bei diesmal wirklich fleischlosen Tortellini hocken wir noch etliche Zeit bei wechselnden Tischbesetzungen und Füllhöhen in den Gläsern zusammen, beklatschen die hereintorkelnden Finisher (die letzten kommen nach 22 Uhr an! Was für ein Ding: nochmal 6 Stunden durch die Dunkelheit!!), und nehmen unsere Urkunde und den schwer erarbeiteten, handgetöpferten "Höllen-Stein" als Finisher-Auszeichnung in Empfang.

Mit zwei Tagen Abstand kann ich nur sagen: Beeindruckendes Event, was Micha und Gunther mit Sabine und anderen Helfern da auf die Beine stellen. Und mein Respekt vor der Strecke war keinesfalls unangemessen: Trotz aller Widrigkeiten, primär der Nässe von oben und unten, waren es wohl eher noch moderate Verhältnisse. Bei der Premiere vor 2 Jahren war kilometerlanges Tiefschnee-Spuren angesagt. Von daher bin ich aktuell froh, mit einem blauen Auge (und ohne neuen blauen Zehennagel) davongekommen zu sein (tatsächlich - unfassbar: nicht die kleinste Blase an diesen malträtierten Füßen!). Diesen Lauf würde ich (im Gegensatz zur BC) definitiv Niemandem als Erst-Ultra empfehlen (da sollen angeblich solche KandidatInnen unter uns gewesen sein!?). Und sein GPS sollte man auch wirklich kennen, vor allem die Akku-Laufzeit ... Wer es sich aber richtig geben will, findet hier mit Sicherheit eine nach oben offene Skala an Gemeinheiten. Und ich bin mir fast sicher, dass Gunter notfalls noch nachlegen könnte.

Für mich persönlich liefert die Teilnahme die Gewissheit, 10 Stunden in Schnee und Regen bei knapp über Null Grad unterwegs sein zu können. Die wollte ich schon immer gern mal haben, denn wer weiß, wie es bei der nächsten BC aussieht ... Mehr als zufrieden geht es daher nach einem entspannten, ausgiebigem Frühstück mit supernetter Bedienung im Bus zurück nach Fröttstädt und nach der Verabschiedung von der Horde (nicht Wenige davon sehe ich irgendwie alle 14 Tage) weiter in die Heimat. Der 100. Marathon/Ultra kann kommen - es wird die Brocken-Challenge sein.


Foto: Eckhardt Seher

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen